Wie kann Integrationsarbeit gelingen?
Dr. Frank Johannes Hensel, Direktor des Caritasverbandes für das Erzbistum Köln begrüßt die Tagungsgäste.Nicola van Bonn
Um die Wirksamkeit der fallbezogenen Beratung und Begleitung von geflüchteten und zugewanderten Menschen, insbesondere um die Methode "Case-Management", ging es bei einem Fachtag der Migrationsdienste am 8. April 2025 im Haus des Essener Diözesan-Caritasverbandes. Rund 70 Fachleute aus den NRW-Caritasverbänden, der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE), den Jugendmigrationsdiensten (JMD) und dem Kommunalen Integrationsmanagement (KIM) diskutierten, begleitet von fachlichen Impulsen, inwiefern die unterschiedlichen Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene zielführend Integration ermöglichen.
Dr. Frank Johannes Hensel, Direktor des Caritasverbandes für das Erzbistum Köln, betonte in seinem Grußwort, dass es die Kompetenz und Arbeit der Migrationsdienste heute umso dringender brauche, um den zugewanderten und geflüchteten Menschen zu ihren Rechten zu verhelfen. Denn an gelungener Integrationsarbeit "macht sich die Zukunftsfähigkeit dieser Gesellschaft fest". Desintegration spiele den Kräften in die Hände, die eine Abschottungspolitik verfolgen. "Wir haben mit völkischem Nationalismus nichts zu tun", bekräftigte Hensel die Position der Deutschen Bischofskonferenz, "das passt nicht zu unserem Menschenbild".
Prof. Dr. Matthias Müller von der Hochschule Neubrandenburg bei seiner Einführung ins Thema.Nicola van Bonn
Prof. Dr. Matthias Müller vom Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung der Hochschule Neubrandenburg verwies auf die vielfältigen rechtlichen, politischen und ökonomischen Spannungsfelder, die eine wirksame fallbezogene Arbeit in den Migrationsdiensten erschwerten. So diskutiere die Politik über Migration derzeit primär unter dem Aspekt der inneren Sicherheit, unter anderem wirtschaftliche Gesichtspunkte gerieten dabei aus dem Blick. Denn wie Studien zeigten, benötige Deutschland dringend Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften, zum Beispiel in der Pflege. Wenn aber Zuwanderung nur noch als Gefahr für die innere Sicherheit wahrgenommen werde, leide zwangsläufig die Integrationsarbeit, so Müller. "Nicht die Menschen, die Verhältnisse müssen sich ändern", sagte der Experte, damit den zugewanderten und geflüchteten Menschen aus fachlicher Sicht bestmöglich geholfen werden könne.
Beim anschließenden Podium nahmen neben Expertinnen und Experten der Migrationsdienste aus Caritasverbänden und Kommunen auch Vertreterinnen und Vertreter der nordrhein-westfälischen Landespolitik teil: Erik Freedman vom Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration in NRW sowie die Abgeordneten Gönül Eğlence (Die Grünen) und Peter Blumenrath (CDU), beide Mitglied im Integrationsausschuss im Landtag NRW, diskutierten mit. Dabei wurde deutlich, dass im Bereich der Migrations- und Integrationsarbeit sehr unterschiedliche Kommunikationskulturen und Strukturen aufeinanderstoßen, was die Abstimmung auf der lokalen Ebene zum Teil erschwert. So bemängelten die Vertreterinnen und Vertreter der freien Wohlfahrtsverbände beispielsweise, dass mit dem KIM eine kommunale Doppelstruktur aufgebaut worden sei, ohne die seit Jahrzehnten vorhandene Expertise der beratenden Praktiker zu nutzen. Dabei sollten die kommunalen Stellen ursprünglich ausschließlich koordinierende und steuernde Funktionen übernehmen, anstatt selbst operativ zu arbeiten. Gefordert wurden Klarheit und eine deutliche Abgrenzung von Aufgaben. Mitarbeitende der Verbände kritisierten, dass sich eine politische Akzentsetzung zu Gunsten der Wirtschaft und zum Nachteil des sozialen Sektors abzeichne. Einige Rednerinnen und Redner wünschten sich, nicht mehr getrieben zu sein von Finanzierungsnöten und der ständigen Unsicherheit über den Fortbestand der eigenen Stellen.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Sichtweisen und Perspektiven versicherten sich die Teilnehmenden ihrer Bereitschaft im Gespräch zu bleiben, sei man sich doch in dem gemeinsamen Ziel einig, Zugewanderten die Integration, insbesondere in den Arbeitsmarkt, zu erleichtern, nicht zuletzt als Bereicherung für die Wirtschaft und die Gesellschaft.