Wie das Magazin entsteht
In Steinwurfweite zum NRW-Landtag ist die Redaktion der Zeitschrift "caritas in NRW" in einem Bürogebäude der Caritas Düsseldorf untergebracht, in dem auch das Katholische Büro, die Vertretung der NRW-(Erz-)Bistümer, sitzt. Foto: Markus Lahrmann
Jedes Jahr im Herbst zieht sich die Redaktion in eine zweitägige Klausur zurück und diskutiert über mögliche Schwerpunkte für das kommende Jahr. Manchmal liegen sozialpolitische Themen auf der Hand, manchmal heißt es aber auch, Entwicklungen vorauszuahnen, Trends aufzuspüren, und nicht nur die Arbeit der Caritas sehr genau wahrzunehmen, sondern auch Politik und gesellschaftliche Entwicklungen zu verfolgen. Die Redaktionsmitglieder, die bis auf den Chefredakteur die Pressestellen der fünf Diözesan-Caritasverbände verantworten, gehören auch der Bundesfachkonferenz Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Caritasverbandes an.
Die konkrete Ausgabe wird dann etwa drei Monate vor Erscheinen des Heftes in einer Redaktionssitzung geplant. Es gilt zu recherchieren, Autoren anzufragen, Interviews zu führen. Vier Seiten Bistumsteil sind für jeden Diözesan-Caritasverband reserviert. Das gesammelte Material stellt der Chefredakteur zusammen und leitet es an die Agentur weiter, die einen ersten Layout-Vorschlag entwirft. Dann gilt es, sinnvolle Kleintexte zu ergänzen: Bildunterschriften, Seiten-Kommentare, Zwischenüberschriften, eingeschobene Zitate - und die Schlagwörter für die markanten Kreise. Eine mühsame Arbeit - die sich deutlich von den Anfängen in den 70er Jahren unterscheidet. Denn im Zuge der digitalen Revolution haben sich Lese- und Sehgewohnheiten geändert. Auch das Papierprodukt hat sich dem Rezeptionsverhalten bei den digitalen Endgeräten angepasst. Schlägt man eine Doppelseite von "caritas in NRW" auf, wird man feststellen, dass die zahlreichen Kleintexte, "Informations-Häppchen" und Eye-Catcher immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und neue Leseanreize geben. Ist das Zusammenspiel von Texten, Bildern und Grafiken gelungen, dann fügen sich die einzelnen Teile für den Leser zu einem Informationsmosaik, einem Gesamtbild zusammen.
Diesem Ansatz liegt ein modernes Verständnis von Magazin zugrunde. Die Information wird nicht mehr linear in einem langen Text geboten, der von vorne bis hinten zu lesen ist, sondern häppchenweise. Bilder sollen im Idealfall nicht bloß der illustrative Beleg für das im Text Gesagte sein, sondern eine eigene Informationsqualität besitzen, die die anderen Mosaiksteine ergänzt. Das stellt heute höhere (und ganz andere) Anforderungen an die Fotografen und natürlich auch an die Bildauswahl als früher, als ein Foto rein illustrativ gemeint war oder als reines Beleg-Foto, das im Text zuvor Beschriebene "belegte".
Hildegard Drüke-Ernst liest jede Ausgabe Korrektur. „caritas in NRW“ versucht, in der Produktion höchsten Qualitätsansprüchen zu genügen.Foto: Markus Jonas
Sind die zwanzig Seiten Bistumsteil fertig layoutet, gehen sie per Datenleitung in die Bonifatius-Druckerei nach Paderborn, wo Din A3-Ausdrucke erstellt werden, die anschließend ins Korrektorat gelangen. Dort wird penibel und professionell Korrektur gelesen: Namen müssen beispielsweise auf S. 12 genauso geschrieben sein wie auf S. 48, wenn es sich um dieselbe Person handelt. Personen müssen in der Bildunterschrift in der Reihenfolge eindeutig den Figuren auf den Bildern zugeordnet werden. Trennungen, Leerräume, Orthografie, Grammatik - die Anzahl der Fehlerquellen ist immens. Bei 52 Seiten haben die Grafiker einiges zu tun, um alle markierten Fehler auszumerzen.
Während Korrektorin Hildegard Drüke-Ernst die Bistumsteile liest, arbeitet die Grafikagentur parallel am Layout des Hauptteils und der Chefredakteur schreibt die letzten Texte für das Inhaltsverzeichnis, organisiert die Ankündigungsseite, wählt das Titelbild aus. Es bleiben noch ein paar Tage, in denen letzte Aktualisierungen vorgenommen werden können, nach der letzten Korrekturschleife heißt es: Druckfreigabe. In der Druckerei werden die Anzeigen eingespielt, die - komplett unabhängig von der Redaktion - eingeworben wurden.
Dieser zeitaufwändige Produktionsablauf bedeutet auch, dass die Inhalte des Magazins eine gewisse Mindesthaltbarkeitsdauer aufweisen müssen. Texte können nicht tagesaktuell sein, sie müssen so geschrieben sein, dass sie auch noch zum Zeitpunkt des Erscheinens relevant sind.
Ist das Heft erschienen, wird es in der Redaktionskonferenz einer ausführlichen Heftkritik unterzogen. Es geht um Qualitätskontrolle. Besonders erfreulich, wenn Leser*innenreaktionen wahrzunehmen sind. Und dann beginnt die konkrete Arbeit an der nächsten Ausgabe.
Die Zielgruppe der Zeitschrift hat sich in den letzten 50 Jahren nur wenig geändert: Multiplikator*innen, sozialpolitisch Interessierte, Politiker*innen (alle Landtagabgeordneten und die Bundestagsabgeordneten aus NRW erhalten das Heft), Kooperationspartner, Journalist*innen, Caritas-Verantwortliche, Ehrenamtliche mit Leitungsaufgaben in den Pfarrgemeinden zwischen Rhein und Weser.
Man muss nicht alles lesen, was drinsteht, ist die Devise. Aber wer das Heft regelmäßig liest, ist über die Arbeit der Caritas, über sozialpolitische Entwicklungen und über konkrete Notlagen im Allgemeinen bestens informiert.
Aus dem Protokoll der Redaktionskonferenz vom 06.06.1972
"In diesem Zusammenhang betonte Herr Dr. Brisch [Kölner Diözesan-Caritasdirektor], daß man auch in der Direktorenkonferenz der Meinung ist, keine "Maulkorbpolitik" gegenüber der Redaktionskonferenz zu betreiben. Die Vertreter der Diözesan-Caritasverbände besitzen das Vertrauen ihrer Direktoren. Die Direktoren lehnen es ebenso ab, von Herrn Kock vor der Veröffentlichung irgend etwas zur Zensur zu bekommen. Der Vertrauensvorschuß ist auf beiden Seiten gegeben. Und sollte mal etwas "danebengehen" so werden die Direktoren sich vor die Redaktionskonferenz stellen."
Dieser Beitrag erschien zuerst im November 2022 in einer Sonderausgabe der Zeitschrift "caritas in NRW" aus Anlass des 50jährigen Erscheinens.