Wege in Arbeit
Irina Kovalova (rechts) besucht Ewelina Kogut, die inzwischen aus der Arbeitsgelegenheit in eine feste Anstellung gewechselt ist.Markus Lahrmann
Sie war ohne Arbeit, ohne Aufgabe, fühlte sich nutzlos und überflüssig, war unglücklich. Geholfen hat ihr der Zuspruch - und die Anerkennung im Ein-Euro-Job bei der Caritas. Heute betreut sie selbst mit Hingabe und Leidenschaft Arbeitslose mit Migrationshintergrund.
Irina Kovalova ist eine von zwei pädagogischen Mitarbeiterinnen im Projekt "WIA - Wege in Arbeit", das der Caritasverband Witten für Bezieher von Arbeitslosengeld II durchführt. Es bietet ihnen eine Beschäftigung in einer sogenannten Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (AM). Früher als "1-Euro-Job" bekannt und manchmal heftig geschmäht, dienen diese "AM" dazu, dass Menschen, die wegen ihrer Vermittlungshemmnisse keine Arbeit finden, ihre Fähigkeiten beweisen können. "Die Menschen können sich selbst und anderen beweisen: Ich bin gut genug für Arbeit, ich bin gut genug für dieses Land", sagt Frau Kovalova.
In der Ukraine hatte sie als Dozentin für Englisch gearbeitet und trotzdem: "In der Ukraine herrschte Korruption ohne Ende. Du kannst dort alles kaufen, wenn du nur Geld hast", sagt Kovalova. Dieses Gefühl fehlender Perspektiven gab 2003 den Ausschlag. Gemeinsam mit Mann und Sohn gelang es ihr, als sogenannte jüdische Kontingentflüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland zu kommen. "Man stellt sich vor, das Paradies wartet", sagt sie. Doch der Weg nach Europa führte sie ins Aufnahmelager Unna-Massen, in Sprachkurse und in die deutsche Sozialhilfe. Erst als sie Zuspruch erhielt, ermutigt wurde und dann bei der Caritas einen 1-Euro-Job antreten konnte, ging es bergauf.
2005 konnte die Caritas Witten, finanziert durch das Jobcenter, ein erstes Projekt zur Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen starten. Von 20 Teilnehmern waren 19 russischsprachig. Man erinnerte sich an Irina Kovalova: "Ich hatte Glück und habe die Stelle bekommen."
Im Projekt "WIA" erhalten die Teilnehmer derzeit 1,50 Euro pro Stunde. Sie arbeiten dafür im Krankenhaus, in Altenpflegeheimen, im Kindergarten oder in der Grundschule. Die Arbeit muss per definitionem zusätzlich, gemeinnützig und wettbewerbsneutral sein. Viele Teilnehmer haben zwar früher gearbeitet, aber nie zuvor in Deutschland. "Das muss man lernen", sagt Kovalova.
"Ich habe mich bei der Caritas selbst gefunden"
Sie erzählt von Bulat: Er konnte sich kaum ausdrücken, war sprachlich total unbegabt. Aber er war nicht dumm, und "er ist so arbeitswillig, dass man es einfach sieht", sagt sie. Nach dem Ende der Maßnahme hat ihn der Kooperationspartner weiterbeschäftigt, weil alle, die mit Bulat täglich zu tun hatten, von seinen Fähigkeiten und seiner Motivation überzeugt waren und sich für ihn einsetzten.
Solche Erfolge motivieren Irina Kovalova: "Das ist es, was Caritas ausmacht - und was mir Spaß macht", sagt sie. Sie hat viel gelernt in der Sozialarbeit: "Anfangs habe ich fast mit jedem Klienten geweint, der eine traurige Geschichte hat", schmunzelt sie. Heute ist sie nicht nur mit dem Herzen bei den Menschen, sondern besucht ihre Schützlinge fast täglich, spricht mit ihnen und den Kollegen, den Vorgesetzten. Sie hilft ihnen bei Bewerbungsschreiben, übt Redewendungen, geht mit ihnen zu Vorstellungsgesprächen. "Ich bin ein Caritas-Mensch geworden", sagt sie.