"Hartz IV … und eine kleine Katastrophe"
Monika Mehring, Allgemeiner sozialer Dienst bei der Caritas BochumMarkus Lahrmann
Ich arbeite seit dem 1. September 1977 bei der Caritas, das ist ganz schön lange. Ich war erst Erzieherin und habe danach wieder studiert. Seit fünf Jahren bin ich nun zuständig für die Gemeindecaritas in der Pfarrei St. Peter und Paul sowie für die Allgemeine Sozialberatung und die "Aktion Lichtblicke". Wir sind so etwas wie ein Lotse für Hilfen, wir können ja nur beraten. Zu mir kommen Menschen mit den unterschiedlichsten Problemen. Nur Hartz-IV-Bezug reicht nicht, es muss immer noch eine kleine Katastrophe hinzukommen, um beispielsweise die "Aktion Lichtblicke" mit einzuschalten.
Es gibt Leute, die kein Geld mehr fürs Essen haben, die schicke ich zur Tafel. Vorher rufe ich dort an, dass sie eine Bescheinigung von mir bekommen, damit sie den Eigenanteil von einem Euro nicht bezahlen müssen.
ch betreue derzeit auch fünf Familien aus einem Haus, das komplett niedergebrannt ist. Bei der einen Familie ist das Jugendamt dran und will drei Kinder aus der Familie nehmen. Die Familie hat insgesamt sieben Kinder. Morgen ist die Gerichtsverhandlung, und dort wird entschieden. Ich stehe im Kontakt mit der Rechtsanwältin und will gleich noch einmal versuchen, die Verantwortliche beim Jugendamt zu erreichen.
Man muss offen sein für alle Probleme. Neulich kam eine Frau, die roch nach Alkohol. Ich habe sie darauf angesprochen. Die war erst einmal verdutzt. Sie hat dann gesagt, sie habe von einer Freundin Glühweinbonbons bekommen und es könne sein, dass die röchen. Ich werde das beobachten, wie häufig die "Glühweinbonbons" zum Tragen kommen.
Man darf sich nicht zu fein sein und sich nicht - wie man im Ruhrgebiet sagt - fies sein vor den Bedürftigen. Wir machen hier so eine Weihnachtspaketaktion. Faszinierend finde ich es, wenn an den letzten Tagen vor Weihnachten die Obdachlosen kommen. Die freuen sich immer total und erzählen auch viele Geschichten aus ihrer Kindheit.
Die meiste Arbeit ist Organisation. Ich arbeite mit den Jugendhilfezentren hier in der Stadt zusammen und auch mit den Caritas-Gruppen der Gemeinden. Inzwischen haben wir auch ein Depot Schulmaterialien mit jeweils zwei Ausgabetagen vor und nach den Sommerferien. Wir sind dabei auf Spenden angewiesen und haben kein eigenes Budget. Wir bekommen auch ganz viele Angebote von gebrauchten Möbeln und haben auf der anderen Seite viele Bedürftige. Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen keine Betten haben.
Manchmal sind uns Grenzen gesetzt. Ich kann hier beim Caritasverband nicht das ganze Elend dieser Welt lösen. Vielen kann ich auch nicht helfen und sage ihnen das auch. Aber das musste ich auch erst lernen.
Mir macht die Arbeit Spaß. Vielseitig ist es. Man muss manches kombinieren und im Sinn haben, ständig umschalten und überlegen. Ich wollte eigentlich nie ins Büro, aber hier, das ist nicht die reine Büroarbeit, ich muss nicht nur verwalten oder irgendwelche Listen schreiben. Man hat immer mit Menschen zu tun. Man muss sich in diese Menschen einfühlen und überlegen, wie man die unterstützen kann. Und die müssen auch mitmachen. Ihnen ein Konstrukt überzustülpen, das funktioniert nicht, dann blocken sie.